(Dis)Tanz in den Mai
Schmetterlinge auf der grünen Wiese, liebend gern vielleicht ja auch im Bauch, duftend bunte Blütenparadiese, Grillenzirpen laut in Gras und Strauch… und natürlich Musik hören und unterm Sternenzelt in den Mai hineintanzen – all das gehörte für mich immer zum Wonnemonat… bisher. In diesem Jahr aber hat sich ins Frühlingsbild etwas Neues, Garstiges gedrängelt: der unsichtbare, dafür allgegenwärtig scheinende Virus. Eigentlich hatte ich mir geschworen, dem Satansbraten keine Zeile mehr zu gönnen, doch ließ der Zwiespalt, in den er mich bringt, die Absicht vertagen. Denn zugegeben: ihm Widerstand zu leisten, beschert mir viele schauerliche Momente in dieser Zeit, jedoch auch einige schöne. Abartig finde ich die Wortgefechte, in denen üble Emotionen hochkochen und aufgestauter Frust sich entlädt, doof das Misstrauen, womit einer den andern beobachtet. Latentes Denunziantentum halte ich für genauso peinlich wie all das Fragwürdige und Strittige auf den Kanälen, das kaum den Hauch von Zweifel verträgt, von vernunftgeleiteter Opposition ganz zu schweigen. Manchmal denke ich fassungslos: ist das nun Mundschutz oder Maulkorb? … Und verliere dabei die Laune.
Zum Glück gibt es aber auch schöne Momente, die mein Gemüt gottlob wieder aufhellen. Fasziniert es euch nicht auch, wie kreativ manch heller Kopf versucht, das Beste aus der zähen Situation heraus zu zaubern? Einfach neue Wege finden und gehen! Am langen Wochenende ist beispielsweise die Diele daheim zum Dancefloor mutiert, als ich mich digital in die Eisenacher Kleinkunstkneipe „Schorschl“ gebeamt habe. Mit meiner Party-Community – den 6-jährigen Zwillingstöchtern – haben wir zum DJ-Set von Eric und Friedi wie wild die Röcke und Tanzbeine geschwungen, dazu Himbeerbrause gesüffelt und die Discokugel angeworfen.
Tags drauf ging die Party zu kinderfreundlicher Nachmittagsstunde weiter, diesmal, selbstredend wiederum digital, von der Wartburg, wo die Veranstalter des Medival-Festivals die Turntables direkt auf dem Droschkenplatz aufgestellt hatten und die Welt mit tollen Klängen vor kultiger Kulisse entzückten.
Ja doch, „analog“ wäre schöner, aber wenn denn Abstandhalten Aller Wohl dient, ist Solidarität eine gute Einstellung. Übrigens sind auch die zahlreichen Musik-Videos, in denen eindrucksvoll demonstriert wird, was Digitalisierung so zustande bringen kann, wirklich hinreißend schön. Geniale Kompositionen kommen aus aller Herren Länder und erreichen ein breites Publikum – eben auf digitalen Kanälen. Doch aufgepasst: es sind oft die gleichen, auf denen gerade jetzt auch Verschwörungstheorien und Missgunst wild wuchern und durch den „netten Nachbarn Musik“ schnell das gewünschte Interesse haben.