Oma-Power gegen Naturzerstörung vor unserer Haustür CategoriesThüringer Allgemeine Zeitung - Kolumne · ZAUBERHAFTES EISENACH · ZAUBERWORT

Oma-Power gegen Naturzerstörung vor unserer Haustür

Die Zwillingsschwestern Nora und Marie lieben ihre Uroma, die sich starkt macht gegen die Stromtrasse Suedlink – für ihre Enkel und eine intakte Natur. Respekt vor so viel Engagement!

Meine Oma ist der Hammer! Mit ihren fast 90 Lenzen meistert sie spielend den Haushalt und ihren Selbstversorgergarten, greift zu, wenn in der Familie oder bei Freunden Bedarf besteht, sammelt streunende Dorfkatzen ein, um sie kastrieren zu lassen, und backt die wohl besten Pfitzkuchen der Welt. Doch wenn’s not tut, zeigt sie auch die Kante – dann nämlich, wenn man vor ihrer Haustür die Natur zerstören will. Da ist mit Oma nicht zu spaßen. Als ich sie am Sonntag anrief, war sie gerade zurückgekehrt von der Demo gegen die hochumstrittene Suedlink Trasse. Omi und ihre in etwa gleichaltrige Freundin zählten zu den 60 Demonstranten, die zur besten Kaffeekränzchenzeit zum Aufmarschplatz am Iftaer Baumkreuz fuhren, überzeugt von Sinn und Notwendigkeit der Sache. „Als ob Strom aus dem Norden nach Bayern transportiert werden muss“, empört sie sich, „die haben doch ihr eigenes Potenzial für erneuerbare Energie.“ Und gewiss nicht zu Unrecht mutmaßt sie weiter, dass sich die Netzbetreiber mit den von der Allgemeinheit finanzierten Leitungen und dem damit realisierbaren Strommarktmodell die Taschen noch praller füllen werden. „Aber doch nicht auf Kosten unserer Natur!“ Omi ist gut informiert, weiß Bescheid über die niederländische Betreiberfirma, die wahrscheinlich erst mal auch noch Strom aus Kohle und Kernkraft durch die Riesenrohre schicken will. „Der Graben verläuft durch unser Grundwasserschutzgebiet, das können die doch nicht machen!“ Aber mit Können und Nichtkönnen ist das so eine Sache. Omi glaubt, dass der Suedlink-Clique die Corona-Beschränkungen gerade recht kamen, die Trasse derweil beschlossen und längst in Sack und Tüten ist. Trotzdem: „Einfach so zugucken und die Füße stillhalten? Das kann ich nicht!“, sagt sie. „Dabei könnte es mir ja eigentlich egal sein“, scherzt sie bittersüß, doch mache sie das vor allem für ihre Kinder, Enkel und Urenkel. „Die sollen schließlich auch noch den schönen Wald kennenlernen, in dem ich als Kind gespielt habe.“

Nein, danke zur geplanten Trasse – es sollen wenigstens alle wissen, dass keiner damit einverstanden ist.

Weltkrieg, Wende, Währungsunion – Omi hat schon viel erlebt. Aber so wie man wissentlich die Umwelt zerstöre, das sei einfach beispiellos und betreffe ja uns alle – egal welcher Herkunft, welcher politischen Ansicht oder Stellung in der Gesellschaft. Wo sie Recht hat…!  Aufmerksam hat sie gecheckt, dass die meisten Demonstranten Rentner*innen sind wie sie. „Wo stecken eigentlich die jungen Leute, die von den Folgen dieses verantwortungslosen Raubbaus dann direkt betroffen sein werden? Formieren die sich vielleicht online oder ist es ihnen etwa egal?“

Oh… Wann war ich eigentlich das letzte Mal protestieren? Lang, lang her, soweit ich mich erinnere, in meiner wilden Studentenzeit im noch wilderen Leipziger Osten, als wir gegen die Nazis aufzogen. Auch gut und wichtig, aber hierbei? Ich schäme mich echt, Omi nicht begleitet zu haben bei ihrer Sonntagsmission und gelobe:  bei der nächsten Protestaktion bin ich mit von der Partie! Von Omi könnten sich viele eine dicke Scheibe abschneiden!

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