Des Esels Wesen mit „Eselwesen“? CategoriesAllgemein · STARTSEITE · Thüringer Allgemeine Zeitung - Kolumne · ZAUBERHAFTES EISENACH · ZAUBERWORT

Des Esels Wesen mit „Eselwesen“?


Gemessen an unserer schnelllebigen Zeit hat ́s etwas gedauert, doch mittlerweile schluckten es auch die traditionsbewusstesten Eisenacher: die zur Wartburg gehörenden Grautiere waren einmal. Als Lastenträger Teil der wirtschaftlichen Burggeschichte, als Touristen- und Kinderspaß dann das ganz spezielle, sozusagen zielführende Angebot – bis sich das nicht mehr lohnte. Schade, findet man laut TA vom 1. März auch auf der Wartburg, daher naht von dort Abhilfe.

Zwar kehren Lore, Peter & Co nicht zurück aber bald soll ihr einstiger Pfad von Eselwesen bevölkert werden, die allerhand Kurzweil bieten und an die jahrhundertelange Tradition der „Eselei“ erinnern. Hmm, denke ich beim Lesen der im Beitrag genannten Pläne, schön und gut, aber eigentlich eher traurig, dass von den geduldigen, mitunter sturen Langohren mit ihrem typischen, den Wartburgwald erfüllenden Iah lediglich leblose „Eselwesen“ übrig bleiben. Waren sie analog nicht mehr zeitgemäß?

Klar, musste man sich auf ihr Wesen irgendwie einlassen, wenn sie störrisch stehenblieben und ihr Leckerli verlangten. Mancher Mutti bissen die sonst so geduldigen Tiere auch mal gehörig in den Hintern, wenn sie die Futtertüte nicht schnell genug rausrückte. Die neuen „Eselwesen“ der Wartburg sind sicher besser zu händeln als die echten Vorgänger und, ganz zeitgemäß, eine halt wesentlich gedachte Spezies in unserer irre realen Welt. Inwieweit nun designte Schaukel-, Wipp- oder Balancieresel des Esels Wesen rüberbringen sei dahingestellt.

Das teure Spielplatz-Projekt korrespondiert aber mit der „Arbeit am Mythos“ Wartburg, für die damit „ein neues Zeitalter anbricht“, wovon das Blatt auch berichtete.
Hier spricht Frau Burghauptmann vom Erfordernis einer „digitalen Burg“, schränkte allerdings ein, dass diese nur die hintergründig „wirkende Dienerin für das analoge Erlebnis“ sei. Den analogen Burgbesuch ersetzt die digitale Burg also nicht. Eher wohl vielleicht die traditionelle Burgführung? Wer mag, kann allein und ganz individuell durch die Räume schlendern und informiert sich per App.Nun gut, überlege ich, das hat Vorteile. Überhaupt gehört Digitalisierung zur „idealen Burg“ des 21. Jhs. dazu.

Jener allgegenwärtige Drang zum Digitalen beschert mir dann aber irgendwie doch ein flaues Gefühl in der Magengegend, zumal er ja stets ökonomisch motiviert ist. Zumal er enorm viel Energie verschlingt, zumal er aus dem Kontakt zu einem leiblichen Gegenüber eine Art Schattenboxen mit dem Abwesenden macht. Doch gerade an der Kultur will ich doch die entspannte Pause vom Digitalen! Wie sehr das ständige Starren auf ́s Smartphone das bewusste Sehen der Dinge um uns herum behindert, wie sehr es die Konzentration mindert, das Suchtpotenzial befeuert und unsere Phantasie lähmt, erkennt erst, wer den ewigen Quälgeist schlicht und einfach mal ausschaltet. Mit einer App blieben mir dann wohl die Eselwesen und auch die geheimnisvolle Aura der Wartburg, die für mich erst über eine mitreissende und professionelle Führung möglich wird, verschlossen. In manchen Bereichen lohnt es sich vielleicht bei den Traditionen zu bleiben und auf ́s Scrollen zu pfeifen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Freude beim Feiern unseres Sommergewinns. Diese Tradition hat auch nicht jede Stadt.

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Ich bin Susanne Krauß und schreibe seit 2019 auf dem "Zaubererblog" Mit Caro, Steffi Birk und Sindy gehe ich für euch auf die Suche nach sonder- und wunderbaren Dingen unserer zauberhaften Stadt Eisenach und der Region. Ich liebe, was ich studierte und schreibe deswegen gerne aus der philosophischen Ecke über alles, worüber sich ein Nachdenken lohnt und den Dialog mit euch eröffnet. Viel Freude

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